STÖRFALL - NAHAUFNAHME TSCHERNOBYL

Werkstatt für Theater
PREMIERE 2. Dezember 2010

Am 26. April 1986 um 1 Uhr 23 kommt es im Block 4 des ukrainischen Kernkraftwerks Tschernobyl zum Super-GAU (grösster anzunehmender Unfall). Die radioaktiven Folgen werden erst in 40000 Jahren getilgt sein.

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BILDER ZUM PROJEKT

„Meine erste Fahrt in die Zone ... Unterwegs dachte ich, dort würde alles mit grauer Asche bestäubt sein. Mit schwarzem Ruß. Dort aber war es schön. Wunderschön! Blühende Wiesen, die Wälder in zartem jungem Grün. Diese Zeit mag ich besonders. Wenn alles zum Leben erwacht, wächst und singt. Das hat mich am meisten verblüfft – diese Verbindung von Schönheit und Angst. Die Angst war nicht mehr von der Schönheit zu trennen und die Schönheit nicht von der Angst. Alles war ins Gegenteil verkehrt. Ein unbekanntes Gefühl von Tod.“  (S. Alexeijwitsch, Tschernobyl – eine Chronik der Zukunft)

Mitwirkende

REGIE KONZEPT Livio Andreina

SPIEL Judith Koch und Michael Wolf

MUSIK Bruno Amstad

VIDEO Florian Olloz

BÜHNE KOSTÜME Anna Maria Glaudemans

LICHTDESIGN Martin Brun

PRODUKTION Marie Therese Langenstein

FOTO Georg Anderhub

 

Zone

Olietschka
Also wir nennen es nicht „die Zone“, wir selber sagen nicht „die Zone“ ...

Andrej           
Was ist die Zone, die Zone ist, wo man gemessen hat, wo der    gefährlichste Ort ist ...

Olietschka  
... der Strahlung ...

Andrej           
Eine 30-km-Zone, die man mit Stacheldraht eingezäunt hat. In dieser Zone leben wir, verstehen Sie, ...

Olietschka  
...an einem verstrahlten Ort.

 Andrej
Und schauen Sie, dort, hinter den 30 km, was ist dort? Hält der Stacheldraht vielleicht die Strahlung auf?   -   So. Wo hört das auf?

Standpunkt der Haut

Spürt man etwas?

Wenn man weiss, was es ist, kann man etwas spüren.

Auf der Haut? Im Gesicht?

Wärme, wie bei starker Sonnenstrahlung. Trockenheit im Hals. Menschen sind aufgedreht.

Schwindelgefühl?

Nach gewisser Zeit extreme Müdigkeit, wie wenn einer sich im Schneesturm niederlegen will. Kopfschmerz. Es kommt zu einem Spasma der äusseren Kapillaren der Haut. Es entsteht der Eindruck, die Haut sei gepudert. Andere Hautpartien zeigen eine tiefe Bräune, zum Violetten hin schimmernd, wie ein intensiver Sonnenbrand. Später zerstört sich die Haut, wie in Panik geraten, selbst von innen nach aussen.

 

Gerüchte

Hinter Tschernobyl werden Lager für verstrahlte Personen gebaut. Die werden dort gefangen gehalten, beobachtet und bestattet.

Einige Leute wollen am Abend vor der Explosion ein unerklärliches Leuchten am Himmel über dem Atomkraftwerk gesehen haben. Jemand hat es sogar fotografiert. Auf dem Film wurde entdeckt, dass ein überirdisches Wesen über dem ganzen schwebt.

Die Waldtiere haben die Strahlenkrankheit. Sie schleichen traurig umher und haben traurige Augen. Den Jägern ist das unheimlich, die Tiere tun ihnen leid, und sie schiessen nicht mehr. Die Tiere verlieren die Angst vor den Menschen. Füchse und Wölfe kommen in die Dörfer und wollen mit den Kindern spielen.

Die Leute aus Tschernobyl bringen Kinder zur Welt, in denen statt Blut eine unbekannte Flüssigkeit fliesst ... Tschernobyl ist ein kosmisches Experiment.