Werkstatt für Theater
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Zum Stück

Warum WINTERJOURNAL auf der Bühne?
Als ich Austers WINTERJOURNAL gelesen habe, wusste ich, dass ich dieses Werk auf die Bühne bringen will.
Das WINTERJOURNAL ist durch seine Struktur, seine Form und seine direkte Sprache schon Monolog, schon Theater. Auf der Bühne wird der Erzähler zum Schauspieler und der Text dadurch unmittelbarer.
Der Erzähler redet sich konsequent mit „Du“ an, er ist ein Objekt der eigenen Anschauung, ist Beobachter und Beobachteter in einer Person. Mit dem „Du“ spricht der Schauspieler gleichzeitig auch den Zuschauer an, es entsteht direkte Betroffenheit.
Der Inhalt ist unbedingt ein Stoff für das Theater. WINTERJOURNAL ist viel mehr als ein „Inventar der Narben“. Es ist ein Blick zurück auf ein intensiv gelebtes Leben, es entsteht eine unglaublich sinnliche Nähe zum eigenen Körper, jede Narbe hat eine Geschichte, jedes Ereignis, jede Freude, jeder Unfall und Schmerz hat eine Spur hinterlassen. Wir wandern mit dem Schauspieler diesen Spuren entlang, es sind Spuren, die jeder erlebt hat.
Die Struktur ist eine Form der Aufzählung, er ist eine Bestandesaufnahme, ein „Katalog von Sinnesdaten“, eine Landkarte von Gefühlen, ausgelöst durch körperliche Konfrontation mit der Welt. Sie kommen mit unseren eigenen Erfahrungen in Resonanz.
Sinnliche Phänomene werden zu philosophischen Statistiken, sie haben mit unserem Leben zu tun.
Austers WINTERJOURNAL ist sehr persönlich und doch hat diese Autobiografie ein Fiktionales in dem Sinne, dass sich unsere eigene Biografie darin findet und spiegelt: da sind Altersgebrechen und Kindheitserinnerungen, Tod und Vergänglichkeit, Zufall und Schicksal, urbane Selbstironie, Relativität jeder Wahrheit. Es ist genau diese persönliche Nähe, die das WINTERJOURNAL zu einem Stück Theater macht: ein Stoff und ein Material, das jeden etwas angeht, die Themen sind die Urthemen des Menschseins.

Sprache und Spiel
Auf der Bühne ein Schauspieler, er erzählt, spielt. Michael Wolf verkörpert ihn, ein fantastischer Schauspieler, 50jährig, der mit seinem Körper schon unzählige Schicksale erspielt hat. Ich habe mich für diesen erfahrenen Schauspieler entschieden, ein Freund in der Kunst, mit dem ich schon sehr lange zusammenarbeite.
Theater hat unmittelbar mit dem Körper zu tun. Der Spieler setzt ihn aus. Der Körper wird selbst Sprache und trägt das Leben auf der Bühne.
Austers Text, der eben über diesen Körper spricht, erhält durch die Stimme im Körper des Schauspielers ein Leben im Jetzt – ein Theaterleben.
Es ist eine Be-Sinnung der Sprache.

Musik
Ebenfalls auf der Bühne ein Violoncello-Spieler, Julien Kilchenmann, ein Virtuose auf seinem Instrument.
Das WINTERJOURNAL hat sehr viel mit Musik zu tun. Crescendi, Tonlagen in Moll, fugische Verschachtelungen, Diminuendi etc. Deshalb wollte ich einen Musiker auf der Bühne. Ich habe mich für das Violoncello entschieden. Das Violoncello ist ein Instrument, das die Körperlichkeit des Spielers in besonderer und intensiver Weise sinnlich erlebbar macht.
Der Musiker wird zum musikalischen Dialog-Partner des Schauspielers.
Seine Präsenz lässt zu, dass auch er zum „Du“ des Schauspielers wird, er antwortet mit Klängen.
Grundlage für das musikalische Konzept zum Stück ist die Sonate für Violoncello solo, opus 25 nr. 3 von Paul Hindemith (1895-1963).

Bühne
Den Bühneraum ist schlicht und empfänglich für die unendlich feinen Nuancen des Textes. Anna Maria Glaudemans, meine Lebenspartnerin und wunderbare künstlerische Mitarbeiterin hat den Raum gestaltet: zwei Stühle, Sand, ein Wandelement, einige wenige Requisiten, Papiernotizen auf dem Boden.

Spielfassung und Dramaturgie
Grundlage für unsere Spielfassung ist die übersetzung von Werner Schmitz.
Ein Kriterium für die dramaturgische Bearbeitung und Auswahl der Texte war die Distanz von der ganz persönlichen Biographie Paul Austers.
Die Spielfassung ist eine poetische Essenz des Romans in fünfzehn szenischen Bildern: 1 Deine nackten Füsse auf dem kalten Boden, 2 Das Inventar deiner Narben, 3 Was auf dich eindringt, 4 Der Feuerwehrmann, 5 Schnee, 6 Dein Körper in grossen und kleinen Räumen, 7 Du möchtest wissen, wer du bist, 8 Tod der Mutter, 9 Du kannst dich nicht sehen, 10 Hände, 11 Marienkäfer und Sonneblumen, 12 Erinnerungen, 13 Das Ende des Lebens ist bitter, 14 In der Kälte stehen, 15 Eine andere Tür hat sich geöffnet.
Es gibt Momente der Stille, Zeiträume, die ganz der Körperlichkeit der beiden Spieler auf der Bühne gehören.
Musik und Sprache sind in gleichem Masse künstlerisches Mittel. Der Violoncelloklang trägt das Wort in das Unsagbare, Worte nehmen die Stimmung in der Musik mit sich mit. Sprache wird Musik und Musik Sprache.




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